Tag Archives: Mord

Keigo Higashino – Böse Absichten

Ein Krimi wie ein Sudoku

Nach seiner Reihe um den Physikprofessor Yukawa (man erinnere sich nur an die verzwickte Verdächtige Geliebte) erscheint nun bei Klett-Cotta der Beginn einer neuen Reihe um den Ermittler Kaga. Im Original in Japan bereits im Jahr 2001 erschienen liegt der Roman nun von der Murakami-Übersetzerin Ursula Gräfe in klares Deutsch übertragene Fall als Paperback vor.

Ein klarer Fall?

Der berühmte Schriftsteller Kunihiko Hidaka wurde in seinem Haus ermordet. Der Starschreiber wollte eigentlich nach Kanada auswandern, doch diese Pläne haben sich sprichwörtlich zerschlagen. Für den Mord kommen nur Hidakas Kollege Nonoguchi und Hidakas Gattin Rie in Frage. Doch die Alibis der beiden scheinen mehr als wasserdicht zu sein.
Mit seinem unbestechlichen Intellekt setzt sich nun Inspektor Kaga hinter die Fährte des mysteriösen Falls und entwirrt langsam den Knoten, unerbittlich, Faden für Faden.
Wer hat den Schriftsteller ermordet und wo liegt das Motiv für die grausame Tat?

Ein klug komponiertes Rätsel

Was an Böse Absichten so besticht ist die Konstruktion des Romans. Eigentlich ist der Fall bereits nach 93 Seiten gelöst und man könnte das Buch als Novelle beenden, wenn da nicht der hartnäckige Intellekt Kagas wäre. In der Tradition von Eine-Frage-hätte-ich-da-noch-Columbo lässt ihn das Offensichtliche nicht ruhen und er verbeißt sich in den Fall
So unerbittlich und logisch wie ein Sudoku hat Keigo Higashino sein Buch konstruiert – und lässt dann seinen Inspektor Kaga dieses zunächst noch leere Krimipuzzle immer weiter mit Inhalt füllen. Schritt für Schritt dringt er immer weiter in das dicht gesponnene Mord-Geflecht vor und kommt der Wahrheit auf die Spur.
Allmählich setzt sich das Mosaik aus Zeugenbeschreibungen, Anmerkungen des Ermittlers und
Die Charaktere bleiben hierbei schematisch und erfüllen eher einen dramatischen Zweck in der Konstruktion des Romans, als dass sie durch eine tiere Auslotung ihrer Befindlichkeiten bestechen. Immer wieder wechselt Higashino die Perspektive und lässt mal den Schriftsteller Nonoguchi erzählen, mal ist wieder Kaga an der Reihe.
Die besondere Komposition des Romans und seine japanisch-nüchterne Erzählweise, die auf sämtliche Ausschmückungen verzichtet, machen den Roman wirklich außergewöhnlich und lassen ihn aus dem Gros der Krimilandschaft herausragen.
Dieses Buch fällt definitiv aus dem Rahmen – als Krimiliebhaber sollte man sich diesen Titel nicht entgehen lassen!
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Andrew Brown – Trost

Aufstand in Kapstadt

Mit „Trost“ lag mir das erste Buch von Andrew Brown zur Rezension vor. Ein weiterer Krimi aus Südafrika, einem Land das eine boomende Krimiszene beherbergt. Autoren wie Roger Smith, Malla Nunn, Margie Orford oder Deon Meyer sind Autoren (letztere mit besonderem Bezug zu „Trost“, siehe unten) und Aushängeschilder einer höchst lebendigen Krimiszene. Und tatsächlich eignet sich Südafrika mit seinen Ethnien, historischen Spannungen und Problematiken so gut wie kaum ein anderes Land, um mithilfe des literarischen Spannungsromans die Verwerfungslinien des Staates zu ergründen. Andrew Brown beschert seinem Inspector Eberard Februarie einen zweiten Einsatz, nachdem dieser auf Deutsch schon in Schlaf ein, mein Kind ermitteln durfte.

Ein Mord in der Synagoge

Trost - Andrew Brown

Trost – Andrew Brown

Angesiedelt in einer nahen Zukunft, in der Spannungen zwischen Israel und Palästina eskalierte und diverse ethnische Verwerfungen die Nachrichten dominieren, fällt dem angeschlagenen Inspector Februarie ein Fall in die Hände, an dem er sich die selbigen nur verbrennen kann.

In einer Synagoge in Kapstadt wurde ein Junge in muslimischer Gebetskleidung geopfert und rituell aufgebahrt. Schnell bekommen die religiösen Scharfmacher auf beiden Seiten die Neuigkeiten spitz und die Lage droht zu eskalieren. Während sich die Situation auf der Straße zwischen Juden und Muslimen immer weiter zuspitzt, muss Februarie nachbohren, wer der geopferte Junge war. Wer hat Interesse an diesem öffentlichkeitswirksamen Mord und wer zieht im Hintergrund die Fäden? Dass er privat auch zahlreiche Probleme bewältigen muss, macht die Sache nicht unbedingt einfacher.
Er stürzt sich verkatert in seine Recherchen und muss feststellen, dass die Spuren ganz nach oben in den Machtapparat weisen.

Ein solides Stück Krimikunst

Der Tafelberg in Südafrika [(c) Martin Reilly]
Hinter dem nichtssagenden Titel „Trost“ verbirgt sich ein solides Stück Krimikunst, das in klassischer Tradition einen Ermittler zeigt, der seinem Instinkt nachfolgt, egal welche Konsequenzen ihm dies auch einbringt. Geschickt verknüpft Brown immer wieder Skizzen des Aufstandes zwischen den verschiedenen Ethnien mit Februaries Fall und bringt am Ende sogar noch überraschende Aspekte in seine Erzählung ein.
Für zwei Cameo-Auftritte von anderen südafrikanischen Ermittlern hat Andrew Brown auch noch Platz gefunden. Die Ermittler Benny Griessel (Deon Meyer) und Riedwaan Faizal (Margie Orford) kreuzen auch die Wege von Eberard Februarie und tauschen einige Worte mit dem Inspector. Eine nette Idee, wie ich finde.
Insgesamt ist „Trost“ ein wirklich gut lesbarer und spannender Roman geworden, der sich im Spannungsfeld von Religion, Macht und Fundamentalismus bewegt.
Wer nun neugierig geworden ist, der kann hier noch gerne etwas in das Buch hineinschmökern:

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Elisabeth Herrmann – Der Schneegänger

Sanelas zweiter Einsatz

Der Schneegaenger -Elisabeth Herrmann

Der Schneegänger -Elisabeth Herrmann

Nachdem sie ihren letzten Einsatz im Dorf der Mörder nur knapp überlebt hat, will Sanela Beara eigentlich nichts mehr mit dem Streifendienst zu tun haben. Stattdessen büffelt sie lieber kräftig, um ihr Polizisten-Studium gut über die Bühne zu bringen. Doch trotz aller Ambitionen hat sie nicht die Rechnung mit dem KHK Lutz Gehring gemacht, der bei einem schwierigen Fall auf Sanelas Hilfe angewiesen ist. Ein Jäger hat in einem Waldstück die verscharrte Leiche eines kleinen Jungen gefunden. Eben dieser Junge wurde vor vier Jahren und entführt und trotz aller Ermittlungen konnte die Polizeidamals kein Lebenszeichen des Jungen geschweige denn Informationen über die Entführer ermitteln. Nun bietet sich für Gehring  die Möglichkeit, den Cold Case aufzuklären, indem er auf die Hilfe von Sanela Beara zurückgreift, denn diese verbindet mit dem Jungen die kroatischen Wurzeln.

Gegen den Willen von Gehring beschließt Sanela sich undercover in das Haus einzuschleusen, in dem der Junge mit seiner Mutter wohnte. Denn offensichtlich lauern hinter der Fassade der Prachtvilla dunkle Geheimnisse, die die Familie des Opfers und die Besitzer der Villa lebten. Schon bald gleichen Sanelas Ermittlungen einem Drahtseilakt.

Eine unangepasste Ermittlerin

Mit Sanela Beara hat Elisabeth Herrmann neben ihrem Anwalt Joachim Vernau eine zweite große Figur geschaffen, die die Leser für sich einnimmt. Mit ihrem unangepassten Wesen, mit dem sie nicht nur den Kriminalhauptkommissar Gehring immer wieder auf die Palme bringt, bleibt sie im Gedächtnis der Leser.

Erreicht nicht die Klasse des Vorgängers

Leider muss ich konstatieren, dass Der Schneegänger mitnichten so packend gelungen ist wie Sanelas erster Fall Das Dorf der Mörder. Zwar vermag es Elisabeth Herrmann auch in diesem neuen Buch wieder gekonnt, Atmosphäre zu schaffen, leider trägt der Handlungsbogen nicht über die Dauer des Buches. Einige Längen haben sich in das Buch eingeschlichen – und auch an die Originalität von Das Dorf der Mörder reicht der Fall nicht heran. Stattdessen meinte ich eher des Öfteren eine bräsige Folge von Der Alte oder Der Kommissar zu lesen, als die beiden Polizisten in der Reichen-Villa ermittelten. Die Motive und Charaktere sind für meinen Geschmack leider zu stereotyp geraten (der geheimnisvolle Wolfsforscher, der abgefeimte reiche Villenbesitzer, der verschlagen-manipulatorische Zögling, etc.) und so bleibt mir nur die Hoffnung dass es bei Sanelas drittem Einsatz wieder bergauf geht!
Wer dem Roman (der trotz aller Mängel immer noch besser als die andere kriminelle Dutzendware ist) eine Chance geben möchte, erhält hier noch einen kleinen Teaser: Die Autorin Elisabeth Herrmann schildert höchstselbst den Plot von Der Schneegänger und gibt Einblicke in das Buch.

Viel Spaß beim Schauen und bei der Lektüre des Buches wünsche ich!
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Lyndsay Faye – Der Teufel von New York

 Der Polizist von New York

Ein junger Polizist inmitten des Big Apple – und das im Jahre 1845: Immigranten drängen in die schmutzige Metropole und ein Mörder geht um, der seine Opfer unter den Kindern in Bordellen sucht. 
Nachdem sein Laden nach einer Explosion im Big Apple nicht mehr ist, ist Timothy Wilde gezwungen sich eine neue Verdienstmöglichkeit zu suchen. Seinem Bruder kommt da die neugegründete Polizeibehörde New Yorks recht, in die er Timothy steckt. Und prompt fällt diesem natürlich auch sein erster Fall im wahrsten Sinne vor die Füße, als er über ein blutbesudeltes Mädchen stolpert.
In der Folge ermittelt sich Timothy gegen alle Widerstände einmal quer durch ein New York, das brodelt, dampft und mörderische Abgründe offenbart …



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Jörg Maurer – Der Tod greift nicht daneben

Alles andere als ein Fehlgriff

Inzwischen muss man zu seinem Kommissar Jennerwein kaum mehr Worte verlieren, schließlich ermittelt die Kreation von Musikkabarettist Jörg Maurer in Der Tod greift nicht daneben bereits zum siebten Mal. Diesmal bekommt es der unauffällige Kommissar und sein dezimiertes Team (die Hälfte des Stammpersonals weilt auf diversen Fortbildungen über den ganzen Erdball verteil) mit einem wirklich vertrackten Fall zu tun. Wobei auch nur Jennerwein an einen Fall glaubt, alle anderen tun die Geschehnisse im Garten des schwedischen Nobelpreisjury-Mitglieds Bertil Carlsson als bedauerlichen Unfall ab. Dieser wurde von seinem eigenen schwedischen Häcksler in ein kleinteiliges Puzzle verwandelt.

Das Puzzle aus dem Häcksler

Jennerwein mag im Gegensatz zu seinen Vorgesetzten nicht an einen Unfall glauben. Und so lässt er das Knochenpuzzle des schwedischen Komitee-Mitglieds wieder zusammensetzen und stößt dabei auf ein grausiges Detail: Eine Hand ist abgängig. Für den bayerischen Kommissar ist somit klar, dass ein Verbrechen vorliegen muss. Bei seinen Ermittlungen stößt er dann schon bald auf ein schauriges Experiment, das in Rumänien seinen Ausgang nahm und heute im ach so beschaulichen Kurort in den Bayerischen Alpen für Tote sorgt. Jennerwein muss ganzen Einsatz zeigen, um den Fall in den Griff zu bekommen.

Gekonnte und bekannte Erzählweise

Ein Buch aus der Jennerwein-Reihe zu lesen ist immer wieder ein bisschen wie heimkommen in eine Atmosphäre und Umgebung, in der man sich als Leser schon auskennt. Viele aus den vergangenen Büchern bekannte Sidekicks (etwa das Bestatterehepaar Grasegger) oder humoristische Seitenhiebe kennt man aus den anderen Bänden. Allerdings muss man sie nicht zwingend gelesen haben, um an Der Tod greift nicht daneben seine Freude zu haben.

Jörg Maurer mutet seinen Lesern auch in diesem Band wieder einiges zu: der Plot schlägt mehrere Haken, zahlreiche Nebenhandlungsstränge durchziehen das Buch und auch literarisch tobt sich der Autor wieder voll und ganz aus: so erzählt z.B. eine Birke von ihrem Schicksal, ein Tagebuch spielt eine wichtige Rolle und bis nach Rumänien verschlägt es Jennerwein. Fast zur Gänze jedoch sind aus diesem Band die einleitenden Zitate oder etymologischen Erklärungen sowie die Fußnoten, die die bisherigen Bände zierten, verschwunden.

Fazit

Wer bei Maureres Fabulierlust am Ball bleibt, bekommt einen Krimi mit jeder Menge bayerischem Lokalkolorit geboten, der mit überraschenden Wendungen zu überzeugen weiß – gewohnte Maurer-Qualität eben. Wer dieses Buch in einer Buchhandlung oder Bibliothek in die Finger bekommt, der tut damit sicher keinen Fehlgriff!

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