Männlichkeit, quo vadis?

Jan Weiler – Kühn hat Hunger

Steckt die Männlichkeit in der Krise? Nach der Lektüre von Jan Weilers neuem Roman Kühn hat Hunger könnte es man fast meinen. Denn der neue Fall von Hauptkommissar Martin Kühn konfrontiert ihn mit toxischer Männlichkeit und dem eigenen Hunger nach mehr. Abermals gelingt Weiler ein ausgesprochen schlechter Krimi und ein ausgesprochen guter Roman.


Dieser Tage wird im Berliner Verlag Matthes&Seitz ein Buch neu aufgelegt, das ursprünglich vor über vierzig Jahren erschien. Die Rezeption dieses Werkes riss aber nie wirklich ab, wenngleich das Buch zwischendurch vergriffen war. Nun erscheint diese richtungsweisende Monographie erneut – die Rede ist von Klaus Theweleits Mammutwerk Männerphantasien, das als einer der ersten Forschungsansätze der nationalen und internationalen Männerforschung gilt.

Ein Klassiker der Männerforschung

In diesem Werk erforscht Theweleit unter anderem die Ursprünge von Faschismus und Gewaltphantasien. Ein Werk, das leider auch nach vierzig Jahren immer noch von größter Aktualität ist, wie nicht auch zuletzt Jan Weilers Roman beweist. Denn einer der zentralen Männertypen, der sowohl in Theweleits als auch in Weilers Buch eine Rolle spielt, ist der mit dem Begriff des Fragmentkörpers umrissene Mann. Dieser Mann, so erklärt es Theweleit, versucht seine Probleme, mit denen er psychisch integrativ nicht umgehen kann, durch Gewalt zu lösen. Gewalt, die auch zu einem Mord führen kann, wie Jan Weiler eindrücklich zeigt.

Der Fragmentkörper, dem wir in Kühn hat Hunger begegnen, trägt den Namen Sebastian Pflug. Er versieht seinen Dienst als Polizist im und um den Münchner Hauptbahnhof herum. Ein junger Mann, gerade einmal 21, der noch bei seinen Eltern in Landshut wohnt. Täglich pendelt er in die bayerische Hauptstadt und kümmert sich um die Verlorenen, Gestrandeten und Randständigen, die im Bahnhof Zuflucht suchen. Doch es gibt auch an einem solchen Ort Verlockungen und Gefahren – die gleich hinter dem Nordausgang des Bahnhofs lauern.

Männliche Abgründe

Denn dort verläuft die Arnulfstraße, die mit zahlreichen Rotlicht-Etablissements aufwartet. Eine Zufallsbegegnung in einem solchen Etablissement, in das Sebastian Pflug ein Einsatz führt, weckt in dem jungen Mann den Hunger. Hatte er bislang noch keinen Kontakt zum weiblichen Geschlecht und beschränkte den Kontakt auf stalking-ähnliches Verhalten, so entflammt schon bald das Begehren für eine Tabledance-Angestellte namens Nicky.

Zusammen mit einem weiteren Fragmentkörper, dem er bei seiner Routine im Bahnhof begegnet, beschließt er die Tänzerin zu einem privaten Tanz zu bitten. Doch – irgendwo muss die Krimihandlung ja beginnen – natürlich läuft dieses Tête-à-têtes schief und am Ende liegt die Leiche der jungen Tänzerin nackt im Januarschnee. Ein dilettantischer Mord, aus dem Affekt heraus geschehen. Oder wie es Klaus Theweleit analysieren würde: ein Problem, das Pflug und sein Partner in crime psychisch integrativ nicht lösen konnten, und das in Gewalt mündete. Fragmentkörper vom Feinsten.

Darf man das machen? Bei einem Krimi den bzw. die Mörder, den Tathergang und das Motiv gleich verraten? Ich finde ja, schließlich macht es Jan Weiler nicht anders. Schon nach siebzig Seiten ist der ganze Krimiplot erklärt und alles minutiös beschrieben. Die klassischen W-Fragen des Krimis (Wer wars? Warum? Und wie?) – sie liegen alle glasklar vor den Lesenden. Und auch in der Folge hat Jan Weiler kein gesteigertes Interesse, den Formalia eines Krimis zu entsprechen. Immer weiß der Leser oder die Leserin vorher Bescheid. Auch der Showdown wird schon lange vorauserzählt, ehe dann die Polizei in Gestalt von Martin Kühn und Kolleg*innen ihren Auftritt hat. Wieder einmal bestätigt sich für mich die Erkenntnis, die ich schon nach den vorhergehenden beiden Martin-Kühn-Bänden formulierte: diese Bücher sind als Krimis kaum brauchbar, als Porträt eines Durchschnittsmenschen aber umso besser.

Tipps für echte Typen

Die Probleme des Martin Kühn, sie sind so sympathisch wie durchschnittlich. Das Eigenheim, das Probleme macht. Die Beförderung, die eigentlich schon fest eingeplant ist. Die Schulden, die drücken und den Schlaf erschweren. Die Entfremdung von den eigenen Kindern. In vielen von Martin Kühns Sorgen kann man sich durchaus wiederfinden.

Und nun ist da auch noch das Gewicht, das dem Hauptkommissar Kummer bereitet. Denn die Hosen, sie passen nicht mehr so wichtig. Es zwickt und zwackt, so etwas wie Attraktivität oder Esprit scheint die eigene Existenz kaum mehr zu versprühen. Grund genug für Martin Kühn, zu einem Männlichkeitsratgeber mit dem bezeichnenden Titel Weck die Bestie, du Sau! zu greifen.

Abnehmen – aber wie?

Darin rät ein belgischer Coach zu einem radikalen Abnehm- und Ertüchtigungsprogramm. Während man tagelang nichts bzw. höchstens eine Avocado oder einen halben, ungekochten Blumenkohl zu sich nehmen darf, steht die Wiedererlangung der männlichen Dominanz im Mittelpunkt des Ratgebers. Sentenzen wie “ Streck es raus, dein stolzes Kinn. Das Kinn ist die obere Abteilung des Schwanzes. “ (S. 78f.) oder „Und jetzt geh raus und jage das Wild. Und denke immer daran: Erfolg ist männlich. Sonst würde es Siefolg heißen.“ (S. 80) sprechen für sich.

Auch Kühn versucht, mithilfe des ebenso radikalen wie misogynen und homophoben Ratgebers aus den Bestsellerlisten wieder zurück in die Spur zu finden. Denn eigentlich will er auch mehr sein als der Ernährer seiner Familie. Ein Leader in Job und Privatleben. Doch wie soll das gehen, wenn einen der nagende Hunger zu einer unausstehlichen Person werden lässt? Wenn selbst der Schnippi-Käse im eigenen Kühlschrank tabu ist und man sich selber nicht einmal mehr sicher ist, wann der Mann ein Mann ist?

Männlichkeit in der Krise

Zu einem Buch über die Männlichkeit in der Krise wird das Buch dann aber vollends durch die zweite Hauptfigur, den Kühn’schen Antagonisten Sebastian Pflug. Dieser junge Mann oder im Theweleit’schen Sinne Fragmentkörper zeigt, wohin fehlende soziale Anbindung, fehlgeleitete Sehnsucht und falsche Freundschaften als Brandbeschleuniger führen können. Würde man ein Musterbeispiel toxischer Männlichkeit suchen, in der Figur des Sebastian Pflug würde man fündig. Ein durchaus bemitleidenswerter, aber auch gefährlicher Typus Mann.

Mich erinnerte dieser Sebastian Pflug und sein ganzer Charakter auch stark an ein anderes, höchst eindrückliches Buch – und zwar an Heinz Strunks Roman Der goldene Handschuh über den Hamburger Frauenmörder Fritz Honka. Ähnlich wie Honka ist es auch bei Pflug die eigene verkorkste Existenz und der Wunsch nach weiblicher Zuwendung, die ihn zu einer fatalen Tat treibt.

Bei den Blicken in diese trostlosen und Leben der Mörder ist Jan Weilers Buch wirklich enorm stark. Sinnbildlich ist die Szene, in der Pflug und sein Kumpane Nicky zu einem Strip im verschmutzten Wohnwagen überreden wollen. Während die Tänzerin traurig und robotergleich ihren Körper vor den beiden Männern zur Schau stellt, laufen im Hintergrund Die Amigos mit „Bella Donna Blue“ und später Andreas Gabaliers „Hulapalu“ (dessen Frauenbild man ja auch durchaus hinterfragen kann). Trauriger und trostloser wurde Begehren und der Wunsch nach weiblicher Zuwendung in diesem Bücherjahr kaum inszeniert.

Fazit oder Der Hunger nach mehr

Mit dem Hunger und der brüchigen Männlichkeit findet Jan Weiler zwei starke Themen für sein Buch, die locker über den schwachen Krimiplot hinwegtrösten. Auch der Handlungsort des Hauptbahnhofs, der ja wie kein zweiter für Aufbruch und Hoffnung steht, ist klug gewählt. Dass der Aufbruch und der Schritt ins Glück für den jungen Polizisten dann so endet, das ist bitter, aber auch konsequent. Denn toxische Männlichkeit, sie hat auch ihre tödlichen Seiten und kann auf die falsche Spur führen.

Oder wie es die Band Soul Asylum in ihrem Hit Runaway Train einst besang: Runaway train never going back. Wrong way on a one way track. Dieser Sebastian Pflug, möchte man in der Zug- und Bahnhofsmetaphorik verharren, ist ist mit seinem Verhalten und Frauenbild schon lange auf der falschen Spur unterwegs.

Natürlich kann man das Buch auch einfach als Unterhaltungsroman lesen. Diese Funktion erfüllt Jan Weilers Roman sehr gut. Aber wenn man Hunger auf mehr hat, dann kann man in Kühn hat Hunger eben auch deutlich mehr entdecken.

Sein Buch wirkt wie eine Fortschreibung oder eine Fallgeschichte von Klaus Theweleits Männerphantasien. Wie aktuell Theweleits Thesen sind, dass zeigt Kühn hat Hunger mehr als eindrücklich. Denn Felder wie toxische Männlichkeit, die INCEL-Bewegung, Alpha-Mentoring und misogyne Gewaltexzesse, sie sind in den letzten vierzig Jahren seit den Männerphantasien nicht verschwunden. Im Gegenteil. Und so steht für mich am Ende des neuen Weiler’schen Werks nur eine Frage: Männlichkeit, quo vadis?

Sarah Perry – Melmoth

Zu Halloween gehört auch die passende Grusellektüre. In meinen Augen bietet sich da der neue Roman von Sarah Perry (Die Schlange von Essex) mehr als an. In Melmoth lässt sie eine Engländerin namens Helen über den Mythos der wandernden Melmoth stolpern. Kann die legendenumwobene Figur auch heute noch in den Gassen Prags umgehen?


„Sag mal, kennst du den Namen Melmoth?“

„Melmoth? Nein, nie gehört. Daran würde ich mich erinnern. Melmoth – das ist nicht tschechisch, oder? Aber englisch klingt es auch nicht …“ (…)

„Nein, natürlich nicht, und es ist kein Wunder – noch vor einer Woche hätte ich nichts damit anfangen können. Eine Woche, länger ist es nicht her!“ Wieder das freudlose Lachen. „Melmoth. Sie …“ Unbeholfen streichen Karels Hände über das Papier (…).

„Hast du je“, fragt er, „dieses Kribbeln im Nacken gespürt? Wenn die Haare sich aufstellen, als würde ein kalter Luftzug durchs Zimmer wehen, den niemand fühlen kann außer dir?“

Perry, Sarah: Melmoth, S. 20f.

Die wandernde Melmoth

Vor der Lektüre von Sarah Perrys Buchs hatte ich auch noch nichts vom Mythos des oder der wandernden Melmoth (das Geschlecht variiert je nach Variante) gehört. Im Buch erklärt Perry diesen Mythos wie folgt: Laut ihr geht die Figur der Melmoth auf eine biblische Erzählung aus dem neuen Testament zurück. Denn nachdem Jesus am dritten Tage auferstanden war, kamen der Sage nach Frauen an sein Grab, darunter auch Maria Magdalena. Die Frauen entdeckten das leere Grab und trugen – je nach ausgewähltem Evangelium – die frohe Kunde der Auferstehung Jesu weiter. Unter den Frauen war allerdings auch Melmoth, die die Auferstehung Jesu leugnete. Die Strafe erfolgte prompt – oder wie es ein Bauer im Roman erklärt, nachdem er gefragt wird, warum sich ein Stuhl auf seinem Acker befindet:

„Für die Reisende“ sagte er. „Für die Zeugin, die dazu verdammt ist, von Jerusalem nach Konstantinopel zu laufen und von Irland nach Kasachstan. Sie ist einsam bis in alle Ewigkeit, ausgeschlossen von Gottes Gnade und der Gemeinschaft der Menschen. Sie sieht alles und hat ihren Blick auch auf deine Sünden und deine Verfehlungen gerichtet. Selbst die Ruhepause des Schlafes hat Gott ihr genommen!“

Perry, Sarah: Melmoth, S. 51

Immer wieder in der Geschichte und in diversen Geschichten taucht diese Melmoth auf – mal weiblich, mal männlich. Am berühmtesten ist sicher der Roman Melmoth der Wanderer des irischen Schriftstellers Charles Robert Maturin. Diese Bearbeitung des Melmoth-Mythos gilt in der englischsprachigen Welt als einer der besten Schauerromane der Schwarzen Romantik.

Melmoth – eine Perle der Schwarzen Romantik

Original Frontispiz zu „Melmoth, der Wanderer“ von Charles Robert Maturin

Während auf deutscher Seite E.T.A. Hoffmann und seine Elixiere des Teufels oder Der Sandmann als stilprägend für diese Epoche gelten, ist es auf der Insel dieser Melmoth-Mythos, der genauso unsterblich wie seine im Kern stehende Figur ist. Sarah Perry stellt sich ganz bewusst in die Tradition dieses vor 190 Jahren erstmals erschienen Schauerromans, indem sie im Maturin in ihrer Buchwidmung bedenkt.

Von der Unsterblichkeit ihrer Melmoth ist auch bald Sarah Perrys Heldin Helen überzeugt. Diese hat sich eigentlich nach Prag zurückgezogen, um ihren eigenen Gespenstern aus der Vergangenheit zu entkommen. Doch dank der Freundschaft zu einem tschechischen Forscher gelangt sie an ein Manuskript. In diesem schreibt ein inzwischen greiser ein Deutsch-Tscheche namens Hoffmann (!) seine Lebensgeschichte auf, die in die Zeit des Zweiten Weltkriegs und der Besetzung Tschechiens zurückführt. Der alte Mann will jener Melmoth begegnet sein – und verstirbt kurz nach seiner schriftlichen Lebensbeichte in einer Bibliothek.

Angefixt von dieser Erwähnung setzt sich Helen immer tiefer mit dem Mythos auseinander. Immer wieder begegnen ihr die Spuren von Melmoth. Ob in einer apokryphen Janecek-Oper, Theodor Storms Schimmelreiter oder einem Kairoer Tagebuch. Von Zeit zu Zeit stoßen wir als Leser*innen im Buch auf lange schriftliche Auszüge aus den fiktiven Dokumenten, die sich mit Melmoth beschäftigen. So gibt es eben jene Hoffmann’schen Aufzeichnungen, einen Brief aus dem 17. Jahrhundert oder jenes oben erwähnte Kairoer Tagebuch. Bald schon hat auch Sarah das Gefühl, dass sie jemand verfolgt und ihre Spur aufgenommen hat. Ist Melmoth in den Gassen Prags unterwegs?

Auf den Spuren von Melmoth durch die Zeit

Sarah Perry will in ihrem Buch sehr viel. Die erfundenen Dokumente, die die Handlung ergänzen, reißen viele Themen an. Armenisch-türkische Zwistigkeiten im 20. Jahrhundert, Schrecken des Dritten Reichs, Leben in der Dritten Welt. Der Kleber, der diese Einzelepisoden zusammenfügt, er will nicht immer richtig halten. So ist dieses Buch stellenweise etwas unentschieden, welche Geschichte nun erzählt werden soll. Zwischen all den Einzelschicksalen und kurz skizzierten Personen geht der Schauder rund um Melmoth manchmal unter.

Dafür drückt Sarah Perry an anderen Stellen wieder ordentlich auf die Gruseltube. Dauernd fliegen Dohlen durch Prag oder klopfen an Fenster, wabert der Nebel oder knarren die Dielen der Altbauwohnung, die Helen von einer hochbetagten und eigenwilligen Dame gemietet hat.

Aus Theas Zimmer sind die langen, flachen Atemzüge der Schlafenden zu hören. Helen Franklin schaltet das Licht aus und zieht die Tür hinter sich zu. Auf dem Altstädter Ring ist alles still, nur der arme Märtyrer Jan Hus bekommt in Erwartung des Scheiterhaufens wieder mal kein Auge zu. Aber nein – vielleicht ist da nicht nur Jan Hus. Falls Sie aufgepasst haben, konnten Sie in einem Winkel des Hofes, den Helen gerade verlassen hat, eine schwarz gekleidete Gestalt erkennen; sie wacht und wartet geduldig auf den passenden Moment.

Perry, Sarah: Melmoth, S. 01

Die dunklen Seiten von Prag

Gerade die Stadt Prag ist auch so etwas wie die wichtigste Nebendarstellerin in Perrys Roman. Die Geschichte genau dort zu erzählen, ergibt nicht nur aufgrund der illustren Geschichte der Stadt Sinn. Auch spielen hier andere Geschichten, in deren Tradition Melmoth steht. Die wohl stärkste Assoziation in dem Buch hatte ich zu Gustav Meyrinks Roman Der Golem. Aber auch einen Abglanz des Prager Großschriftstellers Franz Kafka lässt sich in ihrem Buch finden, wenn man genau liest.

Die literarische Größe dieser Werke hat das Buch in meinen Augen nicht, dazu ist es eine Spur zu gefällig. Schön ist ihre dreiteilige Konstruktion voller Briefe und anderer erfundenen Quellen aber allemal. Und auch sehr stimmig, dass sich eine kommentierende Erzählstimme immer wieder einmischt, die die Leser*innen stilecht anspricht und so auch einen Hauch von Grusel erweckt.

Melmoth ist ein Roman, der sich großartig für die graue Herbstzeit oder einen Pragbesuch eignet, da er die dunklen Seiten der Stadt ergründet. Ein größtenteils gelungener Schauerroman, ein modernes Update von Charles Robert Maturins Buch und ein Titel, der sich auf einer literarischen Halloween-Feier durchaus gelungen integrieren lässt. Ein großes Lob auch an die ruckelfreie und vielstimmige Übersetzung durch Eva Bonné und die Entscheidung, das stimmungsvolle Originalcover der englischen Ausgabe beizubehalten.


Bildrechte:

Melmoth-Frontispiz: Von me – own scan, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=11891547

Titelbild: Pixabay, Prag: Pexels

Burkhard Spinnen – Rückwind

Eine moderne Variante des Hans im Glück erzählt Burkhard Spinnen in seinem Roman Rückwind. Er erzählt von Hartmut Trössner, dem der Erfolg unversehens vor die Füße fällt. Wie geht es einem, der zunächst alles gewinnt, um es dann wieder zu verlieren? Rückwind versucht darauf eine Antwort zu geben.


Die Energiewende: seit dem Reaktorunfall in Fukushima ein großes Schlagwort, das mit ebenso vielen Debatten einhergeht. Wie kann es gelingen, dass sich unser Strom aus erneuerbaren Energien speist? Dass fossile Brennstoffe wie Gas oder Erdöl obsolet werden?

Eine große Rolle spielt(e) in dieser Debatte die Windkraft. Doch während dank der bayerischen 10H-Regel der Ausbau der Windenergie gerade zu versanden droht (siehe hier), beschwört Burkhard Spinnen in seinem Buch die Glanzzeiten dieser Energiesparte noch einmal herauf.

Sein Held heißt Hartmut Trössner. Vom Vater als logischer Erbe der im Familienbesitz befindlichen Firma vorgesehen, hat er eigentlich keine Lust auf den Job. Lieber möchte er mit Freundin durch die USA reisen und sich in der Mimikry des American Way of Life versuchen. Doch die Nachricht vom Tod seines Vaters zwingt ihn zurück in die Heimat. Dort verkündet er in einem Moment kühner Selbstermächtigung, das Erbe seines Vaters antreten zu wollen.

Wider alle Vernunft setzt er auf das Thema Windenergie und Windräder, bei dem sich – Verzeihung – schon bald der Wind drehen soll. Der immer lauter werdende Ruf der Ökologie befeuert den Run auf regenerative Energie. Und so beginnt ganz unverhofft. der Aufstieg Hartmut Trössners in die unternehmerische Elite der Bundesrepublik. Eine bezaubernde Frau, politischer Einfluss, Eigenheim autark dank eigenes eingespeister Windenergie. Es scheint, als hätte dieser Mann den Rückenwind gepachtet. Wie ein Wiedergänger Utz Classens wirkt dieser Trössner zu seinen Bestzeiten. Doch dann Katastrophe, Absturz, Konfusion.

Eine Handlung im Rückwind

Wie es so weit kommen konnte, das muss man sich als Leser*in erst einmal erschließen. Denn Rückwind beginnt höchst konfus. Da erzählt einer von Hartmut Trössner, steckt dann aber auch noch als eine Art Über-Ich in Trössner selbst drin. Immer wieder springt dieser Erzähler zwischen personaler und auktorialer Schilderung hin und her. Die Welt ist im Kopf könnte man sagen, um mit einem Buchtitel Christoph Poschenrieders zu sprechen..

Wir lernen Hartmut Trössner kennen, der völlig verlottert und heruntergekommen gerade offenbar aus einer Anstalt oder einem Krankenhaus entkommen ist. Nachlässig gekleidet, mit einem wilden Vollbart wirkt er wie auf der Flucht. Nach dem Kauf eines Zugtickets begibt er sich auf die Reise nach Berlin. Dort im Zug lernt er eine junge Frau kennen, die ihm nach und nach die Geheimnisse seines Lebens entlockt. Dabei schwebt immer das kommentierende Über-Ich mit im Raum, das dieses Leben im Rewind- bzw. eben Rückwind-Modus noch einmal vom Spielfeldrand aus einordnet. Klingt zunächst kompliziert, ist es auch erst einmal, glättet sich dann aber doch schnell beim Lesen. Gerade die Rückblenden sind sehr verständlich – und auch an diese merkwürdige Erzählinstanz in Trössners Kopf gewöhnt man sich bald.

Schön ist es, dass Burkhard Spinnen sich im Vorfeld über die Konstruktion und Erzählweise seines Romans Gedanken gemacht hat. So hat dieser so doppeldeutig gewählte Titel Rückwind tatsächlich Einfluss auf die narrative Struktur. Hier kommen Form und Inhalt wirklich prima zusammen.

Obwohl es vordergründig natürlich vorwärts gen Berlin geht, springt das Buch in Wahrheit doch immer wieder zurück. So verfestigen sich die verschiedenen Facetten, die wir so als Leser*innen nach und nach erhalten, zu einem Bild. Und dieses Bild namens Rückwind ist dann doch überraschend vieles: so steckt in Spinnens Roman eine Mediensatire, ein Unternehmerroman, eine Geschichte der Windenergie, ein Männerporträt, eine leicht touchierte Geschichte der politischen letzten 30 Jahre BRD.

Fazit

Hier erzählt ein Autor, der seinen Stoff beherrscht (wenngleich für mich der Strang um die PPC-Erzählung und das Ende etwas überzogen und artifiziell wirkt, ohne hier zu viel verraten zu wollen). Gerne schaut man diesem Wunderkind Trössner zu, das doch in seinem Glück dazu verdammt ist, alles wieder zu verlieren. Sprachlich ist Spinnens Buch großartig und auch die Idee eines quasi dissoziativen Erzählers ist gut gemacht und überraschend. Ungewöhnlich und in meinen Augen definitiv ein übersehener Kandidat für die Longlist des Deutschen Buchpreises – all das ist Rückwind. Ein Buch, das viel Rückenwind und Aufmerksamkeit verdient.


Weitere Besprechungen des Buchs gibt es bei Stefan von Bookster HRO, Kulturnews und ein völlig konträres Urteil bei Deutschlandfunk Kultur von Enno Stahl.

Carys Davies – West

Wann habt ihr das letzte Mal für eine Sache gebrannt? Eine Sache, für die ihr alles stehen und liegen gelassen habt? Eine Sache, die es euch wert war, alle Annehmlichkeiten hinter euch zu lassen? Eine Sache, die andere abgetan haben und euch belächelt haben?

Selbst nach einigem Nachdenken komme ich auf kein Anliegen oder kein Ding, für die ich so gebrannt hätte oder es mir vorstellen könnte. Ganz anders da der Maultierzüchter Cy Bellmann. Er ist nach der Lektüre eines Zeitungsartikel völlig entflammt. Im Westen der USA, dem großen unbekannten Land, wurden gigantische Knochen entdeckt, so heißt es. Diese Meldung lässt Bellmann keine Ruhe, und so begibt er sich auf eine Reise, auf der er alles hinter sich lässt, was ihm einmal etwas bedeutet hat.

Unterwegs gen Westen

Sie ihn dir genau an, Bess, diesen einfältigen Menschen, meinen Bruder John Cyrus Bellman. Einen größeren Dummkopf wirst du nie wieder zu Gesicht kriegen. Wenn man mich fragt, zählt er ab heute zu den Verlorenen und Verrückten. Erwarte nicht, ihn jemals wiederzusehen, und wink ihm bloß nicht hinterher, sonst glaubt er am Ende noch, du wolltest ihm deine besten Wünsche mit auf die Reise geben. Und jetzt komm ins Haus, mein Kind, mach die Tür hinter dir zu und vergiss ihn.

Davies, Carys: West, S. 9

In der Folge strickt Carys Davies eine Novelle, die Bellmann bei seinem Zug in den Westen beobachtet. Unterstützung bekommt er bei seiner Reise von einem jungen Indianer, der den etwas irreführenden Titel Alte Frau aus der Ferne trägt. Diese beiden reisen unbeeindruckt von Schnee, Hitze, Dürre und sonstige Unbill immer weiter gen Westen.

Derweil harrt seine Tochter Bess daheim aus, die Cy Bellmann der Obhut seiner Schwester überantwortet hat. Doch diese Obhut ist mehr als trügerisch. Denn nicht nur Bellman sieht sich Gefahren ausgesetzt – auch Bess daheim ist bedroht. Und so schafft es Carys Davies, immer wieder zwischen diesen beiden Strängen hin- und herzuwechseln, um sie in einem filmreifen Duell münden zu lassen.

Die Aussparungen ergeben das Bild

West ist ein Buch, das mit Aussparungen arbeitet. Wie im Zeitraffer fasst sie die Reise Bellmans zusammen, die Jahreszeiten folgen rasch aufeinander. Auch Bess‘ Geschichte wird eher in Schlaglichtern denn in einer wirklichen Sequenz erzählt. Wer ein Breitwandpanorama und süffig erzählte amerikanische Entdeckergeschichte lesen möchte, der wird West nicht wirklich bestrickend finden. Für solche Leser*innen empfehle ich lieber das grandiose Butcher’s Crossing von John Williams.

Hier gehören die Aussparungen auch zum erzählerischen Konzept, die den Leser*innen viel Raum für die eigene Fantasie lassen. Auch sprachlich ist West eher reduziert – die blumigen und bunten Panoramen, die das Cover verspricht, löst das Buch so nicht ein. Carys Davies ist eher eine Freundin von nüchterner Klarheit (Übersetzung durch Eva Bonné)

Auch gelingt es der Britin nicht wirklich, die Motivation ihres Helden für die Reise nachvollziehbar zu schildern. Sie ist damit aber auch in guter Gesellschaft. Auch anderen Aufbruchsromanen wie Stefan aus dem Siepens Das Seil oder Lukas BärfußHagard ist dieses Problem zu eigen. Kann man eine solche innere Flamme, die einen zu extremen Taten treibt, nachvollziehbar und literarisch adäquat schildern?

West gelingt es auf alle Fälle nicht, das steht für mich fest. Dass eine einzige kleine Randnotiz in einer Zeitung Bellmans Reise auslöst, das wirkt im Gesamtkontext des Buchs etwas unglaubwürdig und überzogen. Eine Reisemotivation, die sich aus Knochenfunden speist? Um das glaubwürdig zu belegen, blickt Carys Davies zu wenig in ihre Figuren hinein.

Fazit

Doch auch so unterhielt mich West gut, das für mich wirklich eher eine Novelle denn ein Roman ist. Ein Buch, das einen DER amerikanischen Urmythen anhand eines Einzelschicksals noch einmal beleuchtet. Begeisterungsstürme konnte das Buch aufgrund der oben geschilderten Mängel nicht auslösen, aber eine schöne Lektüre für Zwischendurch ist das Buch allemal!


Weitere Besprechungen des Buchs von Carys Davies gibt es unter anderem bei letusreadsomebooks, Esthers Bücher und Hauke Harders Leseschatz.

I did it Norway – mein Messerückblick

Nun ist sie schon wieder vorbei, die Frankfurter Buchmesse 2019. Grund genug, etwas zurückzuschauen und meine drei Tage in den Messehallen Revue passieren zu lassen. Los gehts!

Donnerstag

Eine sehr entspannte Anreise mit der Deutschen Bahn, keine Zugausfälle, herbstliche Blättercollagen, die auf dem Weg nach Frankfurt an mir vorbeizogen. Da habe ich schon deutlich schwierigere Anreisen erlebt. Fix das AirBnB bezogen und schon war ich bereit für das Messegetümmel.

Termine standen am Donnerstag bei Schöffling und bei Suhrkamp an. Beim dortigen Bloggerempfang gab es neben persönlichen Buchempfehlungen auch das bald erscheinende Buch 2029. Darin machen sich renommierte deutschsprachige Autor*innen Gedanken über das Morgen, darunter Olga Grjasnowa, Vea Kaiser oder Dirk Kurbjuweit. Ein spannendes Buch, bei dem jedes Cover zudem ein Unikat ist.

Verlagsempfang (Symbolbild)

Nachher lud noch der Hanser-Verlag zum Bloggerempfang. Es bleibt wohl das Geheimnis des Verlags, warum zur Cocktail-Happyhour geladen wurde, wenn dann doch Sekt kredenzt wurde. Aber man möchte ja nicht undankbar sein – vor allem da in diesem Jahr auf eine irritierende Buchauswahl verzichtet wurde (man erinnere sich noch an das letztjährige Geschenk Schreiben für ewige Anfänger). Von daher – Merci für das schöne Alle Zeit der Welt von Thomas Girst.

Danach noch der Empfang der unabhängigen Verlage, bei dem in mir ein nostalgisches Gefühl aufkam. Magnum-Flaschen Sekt, Verleger, die in Zigarettenrauchschwanden verschwanden, müde Gestalten in Cordsakkos. So muss das auch früher gewesen sein. Noch ein kurzer Abstecher, zum beglückten Kampa-Stand (Chapeau für den Tokarczuk-Coup!) und dann erst einmal essen. Während die meisten anderen Blogger*innen dann auf den Hanser-Empfang weiterwanderten, kam ich leider nicht in den Genuss einer Einladung (->Wink mit dem Zaunpfahl, Herr Lendle!), weshalb ich schon etwas früher den Weg ins Gallusviertel antrat. War aber auch nicht schlimm, der nächste Tage hatte es schließlich auch in sich.

Freitag

Jan Valk und Dana von Suffrin bei der Buchvorstellung

Kann ein Tag besser starten als mit einem Bloggerfrühstück? Ich meine nein! Gut dass der Kiepenheuer&Witsch-Verlag ein solches Frühstück eingerichtet hatte. Die Münchner Debütantin Dana von Suffrin stellte in Begleitung ihres Lektors Jan Valk ihren Roman Otto vor. Ein Titel, der mich neugierig gemacht hat, beleuchtet er doch das schwierige Gefüge namens Familie. Etwas schade nur, dass ich aufgrund des nächstens Termins schon wieder vor der Lesungspassage den Weg richtung Messehallen antreten musste. Das ist aber auch jedes Mal ein Stress. Sorry Dana!

Ein ungewöhnlicher Anblick stellte sich dann beim Stand von Eichborn ein. Zusammen mit Fräulein Julia besuchte ich den Stand der Kölner, an dem uns Uwe alias Kaffeehaussitzer willkommen hieß. Ein Blogger auf der anderen Seite des Tischs – ungewohnt, aber Uwe füllt seine neue Rolle sehr gut aus. Besonders auf den Erstling Marianengraben von Jasmin Schreiber alias @LaVieVagabonde bin ich persönlich jetzt gespannt!

Viel Verschnaufzeit blieb für ihn allerdings nicht, denn um 12 Uhr stand die Verleihung des BublaAwards, also des Buchbloggerawards an. Die besten deutschsprachigen Blogs von Verlagen, von Bookstagrammern, von Blogger*innen und Co wurden von einer Jury gekürt und bekanntgegeben. In der Kategorie des Buchblog des Jahres konnte sich Nicole vom Blog Nacht&Tag durchsetzen – eine gute Wahl, die ich auch auf meinem Zettel hatte (große Empfehlung übrigens, wer die Seite noch nicht kennt!).

Gemeinsam für die Branche – Blogger*innenpower!

Danach ging es dann von der Agora direkt weiter zum Stand des Boersenvereins. Dort versammelten sich fast alle diesjährigen Buchpreisblogger*innen, die Titel von der Longlist des Deutschen Buchpreises besprochen hatten. Sogar Hotdogs und Getränke ließ der Boersenverein für unser Engagement springen. Da sage noch einer, Buchbloggen würde sich nicht rentieren.

Riechen, lesen, Kaffeslabberas

Nach einem weiteren Abstecher zur Suhrkamp ging es dann für mich weiter in den Norwegen-Pavillon. Das diesjährige Gastland hatte sich für den Auftritt etwas einfallen lassen. Sehr reduziert wurde der verspiegelte Pavillon von diversen Tischen dominiert. Auf diesen befanden sich so manches Mal Bücher zu bestimmten Themen, z.B. samischer Literatur, Krimis oder Kinderbücher. Aber auch die Interaktion wurde bedacht. So gab es unter anderem einen Tisch, auf dem sich 22 Dosen mit Gerüchen befanden. Man konnte diese dann den ausliegenden Bezeichnungen zuordnen.

So gab es unter anderem natürlich passend den Geruch eines Buches, aber auch den eines Altersheims mit geöffnetem Fenster, der ersten Liebe, eines Midsommars oder den Tod der eigenen Großmutter. Wer diesen Duft beim olfaktorischen Blind-Date erwischt hatte, bekam ihn wohl nicht so schnell mehr aus der Nase. Willkommener war mir da schon der Geruch des Kaffeslaberas, zu dem wir Blogger im Pavillon abseits vom sonstigen Trubel geladen waren.

Auf einen Kaffee mit norwegischen Autor*innen

Simon Stranger bei der Buchpräsentation

Sechs norwegische Autor*innen stellten sich und ihre Werke vor, darunter unter anderem Asne Seierstad, Alva Gehrmann (von deren Buch ich auch die Überschrift dieses Artikels entlehnt habe) und Simon Stranger. Letzterer holte die Veranstaltung etwas aus dem Nachmittagstief, indem er mit uns auf den Balkon des norwegischen Pavillons umzog. Dort erzählte er von seinem Buch Vergesst unsere Namen nicht, das so gar nicht zum sympatischen Sunnyboy-Auftritt des Norwegers passen wollte.

Danach noch ein Empfang bei Klett-Cotta (bei dem auch das obige Verlagsparty-Symbolbild entstand) und dann erst einmal Essen und Trinken. Vielen Dank an dieser Stelle an Isabella, die uns die Ebbelwoi- und Handkäse-Kulinarik Frankfurts nahebrachte. Dass die Eintracht an jenem Abend auch noch 3:0 gewann, führte in der Frankfurter Kneipe zu Gefühlsausbrüchen und Szenen, zu denen ich die Hessen davor gar nicht in der Lage glaubte.

Die Party der unabhängigen Verlage im Literaturhaus Frankfurt besuchte unsere Gruppe um Tobias, Isabella, Julia, Frank und Co dann auch noch, ehe ich gegen eins den Gang nach Gallus wagte.

Samstag

Der dritte und letzte Messetag begann abermals mit einem Frühstück. Diesmal allerdings außerhalb der Messe. Der Piper-Verlag hatte geladen. Jørn Lier Horst stellte seine Wisting-Reihe vor, was allerdings immer wieder durch das etwas undiplomatisch agierende Servicepersonal des Cafés sabotiert wurde. Schade drum, denn sowohl Autor als auch Bücher klangen sehr sympathisch.

Wie am Tag zuvor konnte ich allerdings nicht der ganzen Veranstaltung beiwohnen, denn auch mit dem S.Fischer-Verlag hatte ich einen Termin ausgemacht. So besuchte ich dann in den völlig überfüllten Messehallen Janina. Sie vermittelte mir Ausblicke auf das kommende Programm sowie ein Exemplar von Katerina Poladjans Hier sind Löwen. Merci auch dafür!

Menschenmassen auf der Agora

Generell war es am Samstag kein Spaß mehr, sich durch die Messehallen zu bewegen. Menschenmassen drängten an allen Ecken und Enden durch die Gänge. Einerseits natürlich schade, da es mir den Spaß am Stöbern und Schlendern nahm, andererseits natürlich auch wunderbar, dass die Messe solch einen Reiz auf Besucher*innen ausübt. Um das Ende des Buchs musste man sich zumindest in diesem Jahr Frankfurt keine größeren Sorgen machen.

Dann noch ein Besuch am dtv-Stand bei Thomas Zirnbauer, den ich wenig später in meinem Zug gen München wiedertreffen sollte. Und aus guter alter Verbundenheit durfte natürlich auch ein Besuch bei Susann bei Ullstein nicht fehlen. Nach diesen Meetings stand nur noch ein einziger Punkt auf meinem Zettel, nämlich ein Besuch bei Kein&Aber.

Kein & Aber ohne Wenn & Aber

Jener Stand überzeugte auch in diesem Jahr wieder durch Originalität. Ein großer Kubus wurde mit verschiedenen Animationen von verlagseigenen Büchern bespielt. Ein echter Hingucker, ohne Wenn und Aber.

Teatime mit Eli Shafak

Gestoppt wurden diese Animationen dann allerdings für eine Stunde, als Eli Shafak bzw. ihr Verlag zur Teatime lud. Die Autorin stellte ihr Buch Unerhörte Stimmen und sich selbst sehr unprätentiös dar. Mit gerade einmal sieben weiteren Blogger*innen stellte sich gleich ein sehr angenehmes Miteinander ein. Für mich ein besonderes Erlebnis, da ich ansonsten wohl kaum zu einem Buch dieser türkischen Schriftstellerin gegriffen hätte. Doch diese Vorstellung führte dazu, dass auch bald hier in der Buch-Haltung eine Besprechunge ihres neuen Romans online gehen wird. Denn was Eli Shafak zu sagen hatte, das klang wahr und richtig.

Nach diesem letzten Termin hieß es für mich dann allerdings auch schon wieder: ab zum Bahnhof. Nach einem klassischen Zugausfall wurde ich umgebucht und durfte dann zusammen mit Thomas und weiteren Buchmenschen die Reise gen Süden antreten. Gottseidank war ich ja gut mit Lesematerial ausgerüstet, sodass auch die 5,5 Stunden Reisedauer irgendwie erträglich wurden. Das ist ja das Schöne an der Buchmesse: an Lesestoff gebricht es nie!

So meine Eindrücke von drei unglaublich vollen, bereichernden, witzigen, literarischen und niemals langweiligen Tagen. So kann die nächste Messe sicher kommen. Danke an alle, denen ich begegnen durfte und die so für Literatur brennen!

Und hier noch ein paar weitere Schnappschüsse vom Messegeschehen: