Tag Archives: Frauen

Lyndsay Faye – Das Feuer der Freiheit

Timothy Wilde unter Feuer

FeuerEin Feuerteufel geht um in New York. Immer wieder gehen die Produktionsstätten des Stadtrats Robert Symmes in Flammen auf. Mit der Ergreifung des Brandstifters wird Timothy Wilde beauftragt, einer der ersten Polizisten im Schmelztiegel New York. Doch nicht nur hier brennt es – in der gärenden Stadt stehen Wahlen bevor, und so wirft auch Timothys umtriebiger Bruder Valentine seinen Hut in den Ring.  Sein Gegner hierbei – just Robert Symmes. Und geistige Brandstiftung gibt es nach der landläufigen Meinung in der Stadt auch – Frauen fordern energisch ihre Rechte ein und wollen nicht mehr wie Menschen zweiter Klasse behandelt werden. Eine der Wortführerinnen ist dabei die Frauenrechtlerin Sally Woods, die eins aus einer Fabrik von Robert Symmes geworfen wurde. Steckt sie hinter den Anschlägen auf seine Immobilien?

Im dritten und damit abschließenden Band um den Polizisten und Kupfersternträger Timothy Wilde ist so gut wie alles miteinander verzahnt. Das Buch nimmt Bezug auf die beiden Vorgängerbände Der Teufel von New York und Die Entführung der Delia Wright und führt die Fäden aus beiden Bänden nun zu einem schlüssigen Ende. Auch wenn die Lektüre der beiden Vorgänger vieles erleichtert – gelesen haben muss man sie nicht, Faye erklärt und erläutert mit einigen Rückblenden die Vorgeschichte Timothys. Das Feuer der Freiheit ist ein komplexes Buch, in dem die Gaunersprache Flash wieder viel Verwendung findet. Dieses ungewöhnliche Stilmittel wird mithilfe des beigefügten Glossars etwas erläutert.

Neben einem Glossar findet sich auch ein Nachwort der Autorin, in dem sie auf das große Subthema eingeht, das den Roman durchzieht. Nach der Verschleppung und Versklavung von unschuldigen farbigen Amerikaner aus dem Norden in den Süden geht es nun im vorliegenden Titel um den Kampf der Frauen um Selbstbestimmung. Jedes Kapitel wird mit einem Zitat aus einer Quelle eingeleitet, das sich mit diesem Thema beschäftigt. Viel Neues über die Widerstände und Abläufe dieses Ringens um Selbstbestimmung erfährt man hier und wird neben aller Unterhaltung auch gut informiert.

Darüberhinaus ist das Buch keineswegs trocken, sondern vermag wieder mit Spannung, Witz und viel Lokalkolorit zu überzeugen. Die Holmes-Watson-Dynamik vom Ich-Erzähler Timothy und seinem Bruder Valentine ist diesmal nicht so ausgeprägt, dennoch ein toller historischer Krimi mit einem komplexen, aber nicht zu komplizierten Plot, der wieder viel Freude macht!

 

 

Hier noch die chronologische Übersicht der New-York-Trilogie von Lyndsay Faye:

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Paula Hawkins – Girl on the train

Die Lügen der Frauen

Als Pendler kennt man das Problem zur Genüge – der Halt auf freier Strecke oder an einem bestimmten Haltesignal. Der Blick zum Fenster hinaus befeuert da schon schnell einmal die Fantasie – was verbergen die Landschaft oder die Häuser da draußen? Der Pendlerin Rachel in Paula Hawkins Debüt Girl on the train geht es da nicht anders.

Abgründe hinter den Fassaden

Jeden Tag nimmt Rachel den Zug aus ihrem Vorort hinein nach London. Beim stets gleichen Stopp hat sie inzwischen schon Routine entwickelt, ein Pärchen zu beobachten, das eine Bilderbuchexistenz führt. Sie beobachtet die beiden und fühlt sich ihnen verbunden, als plötzlich eines Tages die Frau verschwunden ist.
Aus ihren Erinnerungen rekonstruiert Rachel, dass sie in der Nacht zuvor begegnet ist. Doch an die entscheidenden Stunden fehlen ihr sämtliche Erinnerungen. Rachel ist nämlich Alkoholikerin und hat einen Filmriss, was die Zeitspanne des Verschwindens der jungen Frau angeht. Sie weiß nur noch, dass sie blutverschmiert nach Hause kam und irgendetwas geschehen sein muss. Verzweifelt beginnt sie nachzuforschen und kommt hinter die Geheimnisse der Vorortbewohner.
Durch ihr Interesse für die Geschehnisse der entsprechenden Nacht und alle Beteiligten gerät Rachel allerdings auch in den Fokus der Polizei. Was hat Rachel mit dem Verschwinden der Frau zu tun und welche Geheimnisse hütet der Ehemann der Verschwundenen?

„Gone Girl II“?

Während der Lektüre von Paula Hawkins Debüt kamen mit oftmals die Parallelen zu Gillian Flynns Blockbuster-Erfolg „Gone Girl“ in den Sinn. Hawkins erzählt aus drei Frauenperspektiven abwechselnd und enthüllt Stück für Stück die Geheimnisse, die die Frauen (und nicht nur diese) hüten. Die Abgründe hinter den Fassaden sind frappant – jede der Frauen hütet dunkle Geheimnisse. Dabei sind die Figuren in „Girl on the train“ nicht unbedingt sympathische, gerade die Alkoholikerin Rachel strapazierte des Öfteren meine Geduld – am Ende fügt sich alles logisch. Aber es lässt sich auch nicht bestreiten, dass die Geschichte (ebenso hier eine Parallele zu „Gone Girl“) sehr konstruiert wirkt, einige Unwahrscheinlichkeiten muss der Leser in Kauf nehmen – durch die flotte Schreibe Paula Hawkins fällt dies allerdings nicht weiter ins Gewicht.

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Jennifer Clement – Gebete für die Vermissten

Die Mädchen Mexikos

Mexiko: Drogenlabor Amerikas und immer wieder Lieferant von grausamen Meldungen über Bandenkämpfe.
Großartige Bücher beleuchten dieses Thema : T.C. Boyles „América“ etwa oder Don Winslows „Die Tage der Toten“. Ein Weiteres muss nun mit diesen Büchern genannt werden. Jennifer Clements Roman „Gebete für die Vermissten“ ist ein unbeschönigendes Buch, dass das Leid der Frauen in Mexiko plastisch macht.

Die Autorin entführt darin in die staubige Bergwelt Mexikos, in ein Dorf in dem Männer Mangelware sind. Diese hat es über die Grenze ins prosperierende Amerika gezogen, während die Mütter mit ihren Töchtern in Mexiko in permanenter Angst vor Übergriffen leben. Die Kinder werden möglichst hässlich und versteckt gehalten, um Entführungen durch Kartelle zu entgehen. Clement schildert diese Welt durch die Augen von Ladydi, einem jungen Mädchen, das auf nur 230 Seiten eine schmerzhafte Odyssee durchmacht.

Es ist wahrlich keine Gute-Laune-Lektüre, die Jennifer Clement in ihrem Buch serviert. Dennoch lohnt sich „Gebete für die Vermissten“, weil es Einblick gewährt in eine Welt, die sich unserem täglichen Interesse doch sehr entzieht und so weit weg erscheint. Umso wichtiger, dass diese Literatur aufzurütteln vermag und für das tägliche Leid und die Schicksale gerade der weiblichen Bevölkerung in Mexiko sensibilisiert.
Daher sei dieses Buch jedem aufmerksamen Leser empfohlen, der über den Tellerrand blickt und der die Augen vor der Realität nicht verschließen will!

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Roberto Costantini: Du bist das Böse

Italien mal anders

Wer hat’s geschrieben? Roberto Costantini, 61 Jähriger ehemaliger Unternehmensberater und Ingenieur, hat mit diesem Buch noch einmal einen beruflichen Wechsel gewagt und ist unter die Kriminalschriftsteller gegangen
Worum geht’s? Ein Mordfall, der zur Passion wird. Costantini zeigt in Du bist das Böse die zwei Seiten seines Ermittlers Balistreris. 1982 herrscht in ganz Italien WM-Euphorie, denn die Squadra Azzura spielt fantastisch. Da kommt dem jungen Commissario das Verschwinden einer jungen Angestellten des Vatikans denkbar ungelegen daher. Widerwillig ermittelt er in der sommerlichen Hitze und findet schließlich den Mörder. Nach ungefähr 200 Seiten springt die Handlung dann ins WM-Jahr 2006 und man ist Zeuge, wie sich Balistreri in einen deprimierten alten Ermittler verwandelt hat, der sich durch sein Leben schleppt. Doch schließlich muss er wieder ran, denn es hat den Anschein, als seien wieder junge Frauen in Rom verschwunden.
Warum sollte man es lesen? Vatikan, lebensfroher Ermittler, junge Frauen, die verschwinden? Hat man so ja schon mal alles gelesen, doch nicht so wie Roberto Costantini seinen Roman aufbaut. Seine in zwei Teile zerfallende Erzählung zeigt einen komplexen Kommissar in einem nicht minder komplex aufgebauten Kriminalfall. Da er schon im ersten Band seiner geplanten Trilogie mächtig vorlegt, darf man gespannt sein, was da noch alles kommt.
Was gibt es nicht? Ein simpler Roman mit einem sympathischen Filou als Ermittler. Gerade der zweite Teil des Romans ist deutlich düsterer als der Auftakt und so muss man schon gewaltig aufpassen ob der zahlreichen Charaktere und Namen der verschwundenen Frauen, damit man den Überblick über das große Ganze behält.
Wem gefällt das?: Alle, die Commissario Brunetti satt haben, keine Vatikanthriller mehr lesen wollen und die italienische Kriminalliteratur mal von einer anderen Seite kennen lernen wollen. Du bist das Böse ist alles andere als leichte Lektüre, dafür besticht der Roman durch einen komplexen Plot, bei dem sich Costantini schon anstrengen muss, damit die beiden Nachfolgebücher auch so gut werden!

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